Historischer Pfad Stetten
Der Historische Pfad Stetten wurde in den Jahren 2022/23 unter der Regie des Stadtarchivs konzipiert und führt auf 16 Tafeln durch die Geschichte des Stadtteils.
Station S1: Spurensuche und Entdeckungen 1880 – 2005
Die ersten Spuren archäologischer Zeugnisse von den »Zeiläckern« in Stetten wurden von Bauern 1880 beim Pflügen entdeckt. Beim Bau von landwirtschaftlichen Anwesen kamen 1960 umfangreiche römische Funde zu Tage.
Von 1995 bis 2005 waren bis zu 25 »Volunteers« – ehrenamtlich tätige Seniorinnen und Senioren der Stadt Leinfelden-Echterdingen – zusammen mit dem Landesdenkmalamt mit archäologischen Ausgrabungen auf den »Zeiläckern« beschäftigt.
Die Gruppe stieß auf ein interessantes und vielschichtiges Bild vor- und frühgeschichtlicher Hinterlassenschaften. In den Grabungsflächen kamen in einer ungewöhnlichen Dichte archäologische Zeugnisse zum Vorschein, die einen Zeitraum von 6000 Jahren umspannen. Die ältesten im Boden verborgenen Geschichtsquellen stellen bandkeramische Siedlungsfunde der ersten Ackerbauern und Viehzüchter dar.
Siedlungsreste der Hallstatt- und Latènekultur, insbesondere eine unbekannte große Viereckschanze, erweitern das Bild einer alten Kulturlandschaft. Auch die römische Zivilisation hat in Gestalt eines Landgutes ihre Spuren hinterlassen.
Belege für eine frühe Landnahme und Wiederbesiedelung des Landes nach Ende der römischen Herrschaft und den Wirren der Völkerwanderungszeit sind Gräber eines kleinen Friedhofes des 5. Jahrhunderts n. Chr. Ein jüngeres Zeugnis ist ein Steinkammergrab aus der spätmerowingischen Periode des 7. Jahrhunderts. Ergebnisse der archäologischen Grabungen – unter anderem auch eine frühmittelalterliche Pferdebestattung – sind in der archäologischen Dauerausstellung im Stadtmuseum Leinfelden-Echterdingen zu sehen.
Adresse:
Bauweg
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S2: Stettener Hauptstraße 45, Haus Vohl
Das gestelzte Quereinhaus wurde nach Plänen von Wilhelm Biber 1888 erstellt (s. Türsturz). Das Gebäude, ein traufständiger zweigeschossiger Fachwerkbau, erhebt sich über massivem Erdgeschoss und schließt mit einem Satteldach. Im Erdgeschoss war der ehemals mittig angelegte Eingang zur Remise, links davon das Scheunentor und rechts der Eingang zum Hauptgebäude. Im Eingangsbereich gab es den Zugang zu einer Weberwerkstätte, dahinter lag der Stall. Im hinteren Bereich des ersten Obergeschosses befand sich der Wohnteil mit Küche und Kammer, die Zimmer lagen straßenseitig. Die Scheune war teils unterkellert mit einem Gewölbekeller. (1912, Anbau eines Schuppens an der Rückseite der Scheuer).
Das Gebäude dokumentiert in anschaulicher Weise die bäuerliche Wohnhausarchitektur des späten 19. Jahrhunderts in der Region – hier speziell des Einhaustyps.
Adresse:
Stettener Hauptstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S3: Der »Galopp« – altes Fachwerkhaus an der Hauptstraße
Dieses ehemalige Fachwerkhaus besaß eine Stubensandsteintreppe. Im Flurnamenbuch von Wilhelm Reimold steht darüber: »‘em khalop‘, [ist] eines der ältesten Häuser in Stetten, das mit der freistehenden Scheune durch einen Holzgang verbunden ist.«
Der Holzgang bildete die Brücke zwischen dem Wohnhaus der Familie des Wagners Veit und der alten Zehntscheune in Stetten. Für Kinder war dieser Spielplatz ein regelrechtes »Eldorado«. Die Wagnerwerkstatt war im Erdgeschoss des Wohnhauses Veit. Im vorderen Teil der Gebäude befanden sich die Moste und der Mostkeller für mehrere Familien.
Auf der Südseite des hinteren Gebäudes war der gesamte alte Fachwerkgiebel noch bis ins Jahr 2011 erhalten – wohl der älteste Teil mit den elf Stubensandsteinstufen, die zum höher gelegenen Hausgarten hinaufführten.
Die ehemalige Zehntscheuer ist 1959 abgebrannt. Der vordere Teil des Gebäudes wurde beim Ausbau der Ortsdurchfahrt 1967/68 abgerissen.
Die letzten Hausbewohner sind 2010 ausgezogen. Der gesamte Abriss erfolgte 2012. Der jetzige Neubau entstand 2020.
Adresse:
Stettener Hauptstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S4: Das alte Schul- und Rathaus von 1802
Stetten, Hof und Weidach, die seit vielen Jahrhunderten zusammengehören, besaßen lange Zeit kein eigenes Rathaus. Dies hatte seine Ursache darin, dass die Orte einst – vermutlich seit dem 15. Jahrhundert – zum Leinfelder Ämtlein gehörten, einem Unteramt des Stuttgarter Amts. Im Ämtlesgericht fanden sich auch immer Vertreter der drei Orte. Im Jahr 1707 wandten sie sich an die Landrechnungsdeputation, eine höhere Landesbehörde, mit der Bitte, ihre Amts- und Landessteuer künftig nicht mehr nach Leinfelden, sondern unmittelbar an die Amtspflege Stuttgart liefern zu dürfen. Sie wollten auch einen eigenen Schultheiß haben und sich vom Leinfelder Ämtlein trennen. Im Jahr 1793 erfolgte der nächste diesbezügliche Vorstoß der drei Weiler und 1798 ein weiterer. Im Jahr 1810 – damals betrug die Einwohnerzahl der drei Weiler 373 – wurde das Ziel erreicht. Der erste Stettener Schultheiß war der Wagner Johannes Beck, der bis 1826 im Amt blieb.
Noch bevor die Orte ihre Selbständigkeit erhielten, entschlossen sie sich zu einem Schul- und Rathausneubau. Das 1802 erstellte Gebäude war gleichzeitig auch das erste Schulhaus der Gemeinde.
Das Gebäude hatte »einen steinernen und zwei hölzerne Stöcke«, war also unten massiv und oben Fachwerk. Der untere Stock enthielt lediglich Nebenräume zur Aufbewahrung des Brennholzes und einen Ortsarrest. Im mittleren Stockwerk befanden sich ein größerer und ein kleinerer Schulraum, von denen aber nur der erstere genützt worden zu sein scheint, da die Schule, solange sie sich hier befand, nur einen Lehrer hatte. Das obere Stockwerk beherbergte die Lehrerwohnung und das Ratszimmer.
So blieb es bis zum Jahr 1871. Da die Lehrerwohnung reichlich knapp bemessen war, entschloss man sich jetzt dazu, das Ratszimmer in den zweiten Schulsaal des mittleren Stockwerks zu verlegen und dem Lehrer den ganzen oberen Stock als Wohnung einzuräumen, »wodurch eine sehr geräumige und anständige Wohnung für den jeweiligen Schulmeister hergestellt« wurde. Im Jahr 1879 waren es dann 116 Schüler, und im darauffolgenden Jahr musste mit 130 Schulkindern gerechnet werden. Angesichts dieser Lage blieb der Gemeinde keine andere Möglichkeit, als ein neues Schulhaus zu bauen, das dann auch 1881 bezogen werden konnte. Da der ständige Lehrer fortan im neuen Schulhaus wohnte, wurden seine früheren Wohnräume im Rathaus frei. Einen Teil von diesen übernahm die Gemeindeverwaltung, die übrigen Räume wurden vermietet. Der letzte Mieter war Lehrer Wezel, der sie von 1951–58 bewohnte.
Da nach dem 2. Weltkrieg die Gemeinde stark anwuchs, war die Verwaltung genötigt, 1958 auf die Gelasse des oberen Stockwerks zurückzugreifen. Hier wurden Räume für den Gemeindepfleger und den Notar geschaffen. Der größte Raum wurde Sitzungssaal, während der kleinste das wohlgeordnete Gemeindearchiv aufnahm.
Damit die Straße verbreitert werden konnte, wurde das Gebäude 1965 abgerissen.
Adresse:
Stettener Hauptstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S5: Stettener Hauptstraße 63, Haus Strobel
Das Wohngebäude eines Parallelgehöfts ist ein giebelständiger eingeschossiger Fachwerkbau, der sich über einem massiven Sockelgeschoss unter einem zweigeschossigen Satteldach mit Schleppgauben erhebt. Die Fassade zeigt ein symmetrisches Fachwerkgefüge mit geschosshohen Querstreben und einen Giebel mit zwei Vorstößen und geschnitzten Knaggen. Der traufseitige Zugang zeigt sich mit einläufiger Seitentreppe unter einem Schleppdach. Das Gebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im Keller befindet sich ein Sandsteingeviert als ehemalige Wasserschöpfstelle. Parallel und leicht zurückgesetzt dazu steht eine eingeschossige Fachwerkscheune (16. Jahrhundert). Unter der Scheune befand sich eine unterirdische Verbindung von der Schöpfstelle im Keller zum ehemaligen Stettener Brunnen in der Hauptstraße 73, von dem heute nur noch ein Schacht vorhanden ist (verzierte gusseiserne Pumpe mit Schale). Ein Abzweig endete in einem Rundschacht im Hof der Familien Groß (im »Großen Hof«). Die weiterführende Leitung aus Sandstein und einem Sandsteingeviert diente als Zuleitung für den Stettener Feuerlöschteich (angelegt 1936).
Das Parallelgehöft dokumentiert in anschaulicher Weise die bäuerliche Wohnhausarchitektur des 16. Jahrhunderts in der Region.
Adresse:
Stettener Hauptstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S6: Schul- und Rathaus Stetten von 1881
Bis zum Jahr 1881 war die Schülerzahl in Stetten auf 116 Kinder angestiegen. Da die Schülerzahl aber noch weiter anstieg, sah sich die Gemeinde veranlasst, eine weitere Lehrerstelle einzurichten und ein neues Schulhaus zu erstellen, das seinen Standort gegenüber dem Friedhof an der Weidacher Steige fand. Im Erdgeschoss befanden sich zwei Klassenzimmer, im ersten Obergeschoss gab es zwei Lehrerwohnungen. Im Stock darüber war die Wohnung der Diakonisse Schwester Emma Blank, die von 1933 bis 1958 im Ort die Kranken betreute. Ein weiteres Zimmer wurde dem Vikar zur Verfügung gestellt. Bis zur Einweihung der neuen Kirche im Jahr 1934 nutzte man einen Klassenraum für die Gottesdienste am Sonntag, um den Bürgern den Weg nach Echterdingen zu ersparen.
Der erste Hauptlehrer der neuen Schule war Wilhelm Arnold. Von 1920 bis 1934 waren Karl Sauer und Otto Held (1921 – 1934) seine Nachfolger, danach übernahm Karl Holzwarth die Leitung der Schule bis 1942.
Nach dem Krieg blieb die Schule von Mai bis Oktober 1945 geschlossen. Zum Neubeginn schickte das Oberschulamt zwei Schulhelfer nach Stetten. Im Dezember 1945 wurde Herbert Schmidt mit der Leitung der Schule beauftragt. Er unterrichtete 146 Kinder in zwei Klassen. Das dritte Klassenzimmer schuf man 1949 durch die Teilung eines Klassenzimmers. Schließlich wurden bis zu 160 Kinder in drei Räumen unterrichtet und die Verwaltung erwartete nach dem Bau der Kasparswaldsiedlung verständlicherweise eine ansteigende Schülerzahl.
Da Platzfrage und hygienische Zustände im alten Stettener Schulhaus immer unerträglicher wurden, ging die Verwaltung ab 1951 an die Planung eines neuen Schulhauses. Dieses wurde in den Jahren 1953/54 an der Ecke Weidacher Steige/ Pestalozzistraße erbaut und als »Haldenschule« am 12. Juni 1954 eingeweiht.
Nach dem Abriss des alten Rathauses wurde das Schulhaus zum neuen Rathaus umgebaut. Die erste Gemeinderatssitzung fand dort am 24. März 1965 statt. Nach dem Zusammenschluss der vier Gemeinden Echterdingen, Leinfelden, Musberg und Stetten zur Großen Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen zogen die Stadtwerke in das Gebäude ein. 1977 wurde dort die Stadtteilbücherei Stetten eröffnet.
Adresse:
Weidacher Steige
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S7: Evangelische Kirche in Stetten
Nach Einführung der Reformation brachten die drei Weiler Stetten, Hof und Weidach bei der Landesvisitation von 1589 ein dringendes Anliegen vor, nämlich den Bau einer eigenen Kirche! Der Wunsch wurde aus Kostengründen abgelehnt.
1810 lösten sich die drei Weiler mit ihren 373 Einwohnern vom Leinfelder Ämtlein und wurden als »Gemeinde Stetten« selbstständig. Sie erhielten einen eigenen Schultheißen, der in das 1802 erbaute Schul- und Rathaus einzog. Eine Petition beim württembergischen König um einen Baukostenzuschuss für eine eigene Kirche und die Genehmigung einer Pfarrei wurde aber abgelehnt.
Im Mai 1816 wurden Stetten und Hof – bis dato Filialen der Bernhäuser Kirche – nach Echterdingen eingepfarrt.
Im neuen, 1881 erbauten Schulhaus, dem späteren Rathaus, gab es einen Klassenraum für die Sonntagsgottesdienste.
Am 1. September 1933 wurde die selbstständige Kirchengemeinde Stetten a. F. gegründet. Es war die Zeit des Kirchenkampfs, die Zeit der Auseinandersetzungen der Kirchen mit dem NS-Regime, das deren Eigenständigkeit bedrohte. Nach vielen Haussammlungen und Spenden konnte ein Jahr später die Kirche gebaut werden.
Die 1933 entworfene und am 29.7.1934 eingeweihte evangelische Pfarrkirche wurde von den Architekten Werner Klatte und Richard Weigle gebaut. Der in klarer Formensprache errichtete Sakralbau zeigt sich als einschiffiger Saalbau mit einem Ostturm und einer Empore. In dem mit einer flachen Holzdecke ausgestatteten Kirchenraum befindet sich an der Chorwand ein überlebensgroßer geschnitzter Kruzifixus des Bildhauers Professor Fritz von Graevenitz (1892 – 1959). Die Langhausfenster daneben stammen von der Stuttgarter Kunstglaserei Saile mit der Textgestaltung von Walter Kohler (1957). Der Chor ist durch einige Stufen erhöht. Altar und Taufstein sind beide aus Muschelkalk gefertigt. An der Südseite steht die Kanzel, auf der Ostseite befindet sich die Querempore, die ursprünglich eine Weigle-Orgel von 1945 aufnahm. 1991 errichtete man die neue Mühleisen-Orgel im Chorbereich.
Adresse:
Weidacher Steige
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S8: Der Friedhof
Der alte Friedhof an der Weidacher Steige wurde 1851 eingerichtet. Bis dahin mussten die Toten aus Weidach auf dem Echterdinger Friedhof, die Toten aus Stetten und Hof hingegen in Bernhausen beerdigt werden. Der Friedhof besitzt eine Toranlage mit zwei behauenen Sandsteinpfeilern, deren linke folgende Inschrift trägt: »Schultheiß M. Stierle, Gemeindepfl. A. Stäbler, 1851«.
Bei der Aussegnungshalle befindet sich das Ehrenmal für die Opfer der beiden Weltkriege mit drei Kreuzen und vier Steintafeln mit den Namen der gefallenen und vermissten Soldaten sowie den Opfern des Bombenkriegs. Zugleich wird mit einer liegenden Tafel aus Gauinger Travertin an die Opfer des Luftangriffs vom 12. Februar 1945 erinnert.
Besondere Grabstätten sind:
Gottlob Steck (Weidach 13.03.1898 – 23.05.1971 Stetten)
Bürgermeister in Stetten von 1946 bis 1966. Er hatte nach dem Ende des 2. Weltkriegs die Geschicke der Gemeinde Stetten geleitet. Dabei hatte er maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der kleinen Gemeinde zur stattlichen Wohngemeinde. Er hatte sich stets voll und ganz für die Bürgerschaft eingesetzt, war allgemein beliebt und geachtet.
Prof. Paul Theodor Schlack (Stuttgart 22.12.1897 – 19.08.1987 Stetten)
Chemiker und Erfinder der Perlon-Faser. Er war von 1926 bis 1945 Leiter der Forschungsabteilung der Aceta GmbH in Berlin-Lichtenberg, ein Gemeinschaftsunternehmen der IG Farben und der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG. 1961 wurde er Professor in Stuttgart und 1962 Leiter der Chemieabteilung am dortigen Institut für Textilchemie.
Prof. Dr. Dr. Burkhard Frenzel (Duisburg 22.01.1928 – 06.02.2010 Stetten)
Deutscher Geograph und Botaniker. 1967 wurde Burkhard Frenzel zum ordentlichen Professor am Lehrstuhl für Botanik der Universität Hohenheim ernannt, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1996 lehrte. Von 1982 bis 2002 war Frenzel Präsident der Hugo Obermaier-Gesellschaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit. Seit 1991 war er außerdem Mitglied des wissenschaftlichen Klimabeirates der Bundesregierung, dessen Vorsitz er 1994 übernahm.
Adresse:
Weidacher Steige
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S9: Hof
Der Ortsname »Hof« geht vermutlich auf einen größeren Aussiedlerhof eines Stettener Bauern zurück. Als später dort weitere Höfe gebaut wurden, blieb der Name »Hof« erhalten.
In einem Eintrag im Lagerbuch von 1383 wird der Weiler »ze dem Hof« genannt, mit Besitz des Klosters Salem. Dort wohnten sieben Bauern, die Abgaben zu leisten hatten. Eine Aufstellung von Herdstätten im Jahr 1447 gab für Hof sechs an, während es für Stetten und Weidach jeweils nur fünf waren.
Stetten, Hof und Weidach waren im Gericht des sogenannten Leinfelder Ämtleins – einem Unteramt des Amtes Stuttgart – ab 1530 mit drei Richtern und einem Ratsverwandten vertreten. Als die drei Weiler 1810 ihre Selbständigkeit und einen eigenen Schultheißen erhielten, zählten sie zusammen 373 Einwohner.
Oberdorfstr. 12
Das kleine Haus mit den niederen Decken ist sehr viel älter als erwartet. Es wurde bereits 1536 errichtet. In einem Lagerbuch von 1553 erwähnt man Buche als Bauholz, und die dendrochronologische Untersuchung der Buchenbalken im Dachstuhl ergab den Holzschlag im Winter 1535/36.
Die Höfergasse (»hefergass«) ist der zum Höferbrunnen führende Hohlweg von Weidach kommend.
Der Platzbrunnen (»bladsbrona«) bezeichnet einen kleinen Gemeindeplatz vor dem öffentlichen Brunnen in »Hof«, einen Rohrbrunnen, dessen Wasser in der Brunnenstube südwestlich vom »Grund« gefasst wird. Der alte Brunnen hatte eine Schwengelpumpe und einen großen Sandsteintrog.
Adresse:
Oberdorfstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S10: Das Altenheim »Haus AGAPE«
Der Gründer des Hauses war Georg Kurz. Ende des 2. Weltkriegs befand er sich kurz in französischer Kriegsgefangenschaft. Dort hatte er viel Sorgen und Nöte erfahren und entwickelte seinen persönlichen Grundsatz: »Wenn ich aus dieser Hölle herauskomme, will ich etwas Gutes tun.« Nach der Entlassung stellte er fest, dass in der Heimat zwar für die Kinder gesorgt werde, für alte Menschen aber nicht. Und vor allem bestand im Land ein großer Wohnraummangel.
Nach dem Krieg war er Postbeamter in Vaihingen. Durch eine Erbschaft konnte er drei nebeneinanderliegende Äcker in Weidach erwerben. Mit weiterer finanzieller Unterstützung durch Bekannte und Freunde wurde an das Bauen eines Altenheims gedacht. Von der Trümmerverwertung kaufte er 10.000 Trümmerbacksteine, die von der Ruine des Neuen Schlosses in Stuttgart stammten. Dieses Baumaterial musste abgeklopft und abgekratzt werden und abends nach Dienstschluss mit einem LKW von der Trümmerverwertung zur Stettener Baustelle gefahren werden. Aus dem Privatwald der Eltern in Mulfingen-Berndshofen ließ er Tannen, Eschen und Eichen schlagen und zu Bauholz zuschneiden.
Ab Herbst 1956 konnte das Heim bezogen werden, das man von Beginn an »Haus AGAPE« (die helfende Liebe) nannte. Die Einweihung fand am 4. November 1956 statt. In kurzer Zeit war das Haus voll belegt, mit 18 Seniorinnen und Senioren, die in Einzelzimmern untergebracht waren. Das Betreuungsteam bestand aus dem Heimleiter, der Krankenschwester Edith Korinth, der Köchin Frau Hoffmann, dem Ehepaar Knörzer, Irene Zundel sowie zwei Hilfskräften.
1960 und 1977 wurde das Haus vergrößert und modernisiert.
Nach über 40 Jahren entschied man sich für den Abriss der alten Gebäude und für einen größeren Neubau. Am 19. September 2005 war der Spatenstich für den Neubau, der dann 2007 eröffnet und eingeweiht werden konnte.
Heute leben 51 Bewohner in 36 Einzel- und einigen wenigen Doppelzimmern, die individuell eingerichtet werden können. Die Wohnbereiche erstrecken sich über drei Ebenen. In ihrem Zuschnitt unterstreichen sie den familiären Charakter des Hauses und gewährleisten eine individuelle Pflege und Betreuung durch das Altenheim Stetten a.F. »Haus AGAPE«.
Adresse:
Jahnstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S11: Kleine Anlage mit zwei Bronzebildwerken
»Mutter mit Kind« von Peter Steyer (1927 – 2009), Bronzeguss aus dem Jahr 1959
Steyer war Meisterschüler von Richard Scheibe in Berlin. 1953 wird er mit dem Georg- Kolbe-Preis ausgezeichnet. 1954–1967 hält er sich im Irak und in der Türkei auf, wo er sich durch die orientalische Formenwelt inspirieren lässt. In Istanbul gestaltet er 1959 die »Mutter mit Kind« und lässt diese im Sommer des gleichen Jahres bei der Berliner Gießerei Hermann Noack in Bronze gießen.
»Modernes Mädchen« von Gerhard Henning (1880 – 1967), Bronzeguss ausdem Jahr 1930
Henning war ein schwedisch-dänischer Bildhauer. Er arbeitet zunächst an der Königlichen Porzellanmanufaktur in Kopenhagen. 1931 bekommt er die dänische Staatsbürgerschaft. Sein bevorzugtes Thema war der weibliche Körper. Laut der Gravur im Sockel ist das »Moderne Mädchen« der erste von sechs ausgeführten Bronzegüssen. Ein weiterer Guss des Bildwerks steht bei der Carlsberg-Glyptothek in Kopenhagen.
Diese beiden Bronzeplastiken standen seit dem Ende der 1960er Jahre im Foyer des weltbekannten Comic-Verlags »Ehapa« in Stetten, dessen Verlagsgründer Egmont Harald Petersen 1860 in Kopenhagen geboren wurde. 1996, fünf Jahre vor dem Umzug des Verlags nach Berlin, stiftete »Ehapa« die Figuren der Stadt Leinfelden- Echterdingen, mit dem Wunsch, diese in einer kinderfreundlichen Umgebung aufzustellen. Nach mühevoller Suche fanden sie ihren Aufstellungsort in der Grünanlage der Lindachschule. Somit sind diese beiden Bronzeplastiken die einzige Erinnerung an den weltbekannten Ehapa-Verlag in Stetten.
Adresse:
Jahnstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S12: Turnhalle in Stetten
Im Jahr 1900 wurde der Turnverein Stetten, Hof und Weidach gegründet. Die Gründungsmitglieder waren Johannes Koch (erster Vorstand), Daniel Beck, Jakob Kraus und Julius Dast. Zunächst gab es Leichtathletik und Turnen an selbstgebauten Geräten im Freien. Die Begeisterung war so groß, dass auch der Oberlehrer Wilhelm Arnold mit Schülern turnen wollte. Dafür stellte Jakob Stierle in Weidach seine Scheune zur Verfügung. Die Zahl der Mitglieder stieg stetig an, der Wunsch nach einer eigenen Turnhalle wurde immer dringender.
Die bürgerliche Gemeinde schenkte dem Turnverein einen Bauplatz mit Spielplatz am chaussierten Weg von Weidach kommend (heute Jahnstraße). Am 24. Januar 1911 wurde der handkolorierte Bauplan des Architekten Alfred Ruck aus Echterdingen durch den ersten Vorstand unterschrieben. Die Einweihung der neugebauten Turnhalle fand am 28. Mai 1911 mit einem großen Festzug statt, den mehrere Vereine veranstalteten.
Für die Gemeinde war die Turnhalle von großer Bedeutung, weil sie den größten Raum für Sport, Versammlungen und Festlichkeiten bot, die in den kommenden Jahren veranstaltet wurden. Darunter das Gauturnfest des »Turngaus Jahn Filder« im Jahr 1912 oder das 33. Gausängerfest des Fildersängerbundes im Jahr 1914.
Dann folgte der 1. Weltkrieg, in dem viele Männer ihr Leben lassen mussten. Für die 23 gefallenen Turnerkameraden ließ der Verein an der Jahnstraße ein Denkmal errichten, das 1928 eingeweiht wurde.
Im 2. Weltkrieg gelang es, den Vereinsbetrieb notdürftig aufrecht zu erhalten. Bei den noch wenigen Wettkämpfen 1940 –1942 war der Turnverein Stetten hauptsächlich durch Turnerinnen erfolgreich vertreten.
Nach 1945 kam die Anordnung der Besatzungsmächte, dass nur ein Verein in jedem Ort bestehen durfte. Daraufhin schlossen sich alle Stettener Vereine zu der Sportvereinigung Stetten zusammen.
Die Turnhalle diente nun zeitweise als Wohnung für Heimatvertriebene. Danach gab es dort alljährlich Aufführungen von Weihnachtsstücken der Stettener Schüler unter Leitung von Herbert Schmidt. 1949/50 baute die Sportvereinigung einen Anbau an die Turnhalle mit weiteren Toiletten sowie einer Wohnung für den Hallenwart. In den Fünfzigerjahren wurde die Halle auch als Lichtspielhaus genutzt. Am 25. Februar 1966 begann der Wirtschaftsneuanbau an die Turnhalle.
Mit dem Bau der neuen Sporthalle im Jahr 1974 wurde auch der Sportbetrieb dorthin verlegt, und die Zukunft der alten Turnhalle war ungewiss. 2021 entschied der Gemeinderat, den neuen Standort für die Stettener Feuerwehr auf den Platz der alten Turnhalle zu verlegen. Damit fiel die Turnhalle der Spitzhacke zum Opfer.
Kriegerdenkmal des Turnvereins Stetten
Am Beginn der 1920er Jahre gab es bei der Gemeindeverwaltung erste Überlegungen zur Errichtung eines Kriegerdenkmals für die im 1. Weltkrieg gefallenen Söhne Stettens. Allerdings ließ man sich mit der Einholung von Entwürfen viel Zeit. Parallel dazu wollte der Turnverein ein eigenes Denkmal für die gefallenen Vereinsmitglieder errichten. Mit der Gestaltung und Ausführung dieses Denkmals wurde der Steinmetz Hans Koch aus Stetten betraut. Es entstand ein Denkmal in Form eines dreiseitigen Obelisken aus Kunststeinguss, beschriftet mit den Namen der 23 (von insgesamt 50) Mitgliedern des Vereins. Am 23. November 1928 konnte das Denkmal an der Jahnstraße eingeweiht werden.
Im Filder-Boten konnte man im Einweihungsbericht lesen: »Wie ein mahnend erhobener Finger ruft in Zukunft dieser ragende Stein jedem zu, der über die Weidacher Höhe wandert, ‚Vergesst uns nicht – nie wieder Krieg!‘«.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs ergänzte man den Text mit den Namen der Gefallenen von 1939 –1945. Eine erste Restaurierung des Denkmals erfolgte im Jahr 2008.
Adresse:
Jahnstraße
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S13: Wette und Solbrunnen
Wetteplatz in Weidach
Für den Fall der Feuersgefahr wurde in Weidach wie auch in den anderen Weilern eine »Wette« angelegt. Das Wort »Wette« kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bezeichnet ein stehendes Gewässer, Pfütze oder Weiher. 1872/73 hat man die Weidacher Wette neu angelegt. Die Bauern nutzten das Regenwasser für die Landwirtschaft, die Frauen auch zum Wäschewaschen. Anstelle der Wette wurde 1970 ein Löschwasserbehälter aus Beton für 240 Kubikmeter Wasser errichtet.
Hier steht ein Brunnen mit gusseisernem Pumpenstock und Schalentrog aus dem 19. Jahrhundert. Dieser frühere öffentliche Dorfbrunnen, ein Grundwasserbrunnen, wurde wegen der Errichtung eines Gehwegs um ca. 5 m versetzt. Der eigentliche Brunnenschacht ist noch vorhanden; er wird 1–2-mal jährlich von der Feuerwehr geöffnet. Tiefe: 8,4 m; Wasserstand bei 4 m. Der Überlauf mündete in die Weidacher Steige. Im Winter konnte der Brunnen abgestellt werden.
Der Solbrunnen und der »Weidacher Wasserkrieg«
Der Solbrunnen, eine gefasste Quelle, ist kein Brunnen im heutigen Sinne. Die Bezeichnung »Solbrunnen« stammt aus der Zeit, als das Wort »Bronn« gleichermaßen die natürliche Quelle und den gefassten Brunnen bezeichnete. Das Wort »Sol« stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet soviel wie »Suhle«, also eine Stelle mit Wasser oder Schlamm, worin sich Tiere wälzen. Die Existenz dieses Gewässers ist bereits um 1300 belegt. Seit 1993 ist die Quelle ein Naturdenkmal.
In der Geschichte Stettens spielte der Solbrunnen eine herausragende Rolle. Denn er war Anlass für den sogenannten »Weidacher Wasserkrieg« im Jahre 1902. In Stetten und Hof gaben die Brunnen immer genügend Wasser.
In Weidach versiegten die Brunnen im Sommer sehr oft. So mussten die Bewohner das Wasser aus dem Solbrunnen am Waldrand holen, was wegen der Entfernung sehr beschwerlich war. Deshalb forderten die Weidacher 1902, dass das Wasser des Solbrunnens durch eine Leitung nach Weidach geführt werden solle. Wegen der hohen Kosten waren die Vertreter von Hof und Stetten dagegen. In einer Kampfabstimmung am 24.11.1902 wurde der Weidacher Antrag mit 7:6 Stimmen abgelehnt. Erst im Juni 1904 kam es zur Einigung und man schloss sich der Filderwasserversorgung an, wobei die Gemeinde eine hohe Geldsumme aufbringen musste.
Adresse:
Wetteplatz
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S14: Bärenhofstraße 5, Bauernhaus
Das Gebäude, ein Einhaus, ist ein traufständiger eingeschossiger Fachwerkbau mit massivem Erdgeschoss und Satteldach. Das Gebäude stammt aus dem 15./16. Jahrhundert, das Zwerchhaus wurde 1930 angebaut. Die Giebelseite mit zwei Vorstößen auf Balkenkopffries und Knaggen ist ein axialsymmetrisches Fachwerkgefüge mit geschweiften dreiviertellangen Fußstreben. Der Zugang befindet sich auf der nördlichen Hofseite. Wohnbereich und Scheuer, auf nahezu quadratischem Grundriss, mit Stall befinden sich unter einem gemeinsamen Dach.
Das Gebäude dokumentiert in exemplarischer Weise die bäuerliche Wohnhausarchitektur des 15./16. Jahrhunderts in der Region – hier speziell des Einhaustyps.
Adresse:
Bärenhofstraße 5
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S15: Bärenhofstraße 8, Fachwerkhaus Hans Groß
Bei dem Gebäude handelt es sich um ein gestelztes Einhaus aus dem Jahr 1585 (Dendrodatierung). Im 18. Jahrhundert wurde das Gebäude in zwei unterschiedlich große Wohnhälften geteilt (Nr. 7 ist kleiner) – ein typisches Zeugnis der Realteilung. Im Urbrouillon von 1817 zeigt das Gebäude im Bereich von Nr. 7 einen Rücksprung der westlichen Traufwand, der auf einem Lageplan von 1887 nicht mehr vorhanden ist. Es handelt sich in Anbetracht des ursprünglich kleinen Wirtschaftsteils und der vergleichsweise prächtigen Stube sowie der ursprünglich ungeteilten nördlichen Querzone des Erdgeschosses um ein ehemaliges dörfliches Handwerkerhaus mit Nebenerwerbslandwirtschaft. Die Außenwände des Erdgeschosses sind in Quadermauerwerk ausgeführt. Das Gebäude ist, mit Ausnahme des im späten 19. Jahrhundert abgegangenen Wirtschaftsteils, bis heute erhalten geblieben. Der Ausbau (Fenster, Türen und Treppen) stammt mit wenigen Ausnahmen aus dem späten 19. Jahrhundert.
Das Erdgeschoss diente als Stall, das Obergeschoss als Wohnraum. Das Erdgeschoss besitzt zwei Zugänge (Stall und Wohnung) und kleine Fenster, im Eingangsbereich befindet sich ein Brunnenschacht. Innen weisen Dachwerk und die sichtbare Holzkonstruktion des Innentragewerkes auf die Erbauung des Gebäudes um 1585 hin. Eine historische Wohnstube im Obergeschoss mit originaler Holzbalkendecke ist noch erhalten.
Das Gebäude dokumentiert in exemplarischer Weise die dörfliche Handwerkerhausarchitektur – hier speziell des Einhaustyps – von 1585 in der Region, ist eines der letzten Beispiele eines Handwerkerhauses in Stetten und besitzt großen Seltenheitswert.
Nach Wilhelm Reimold (»Flurnamen…«) war der »Bärenhof« ein bereits abgegangener Ortsname, der dann im Primärkataster von 1827 als Wiese so benannt wurde. Im Mittelalter war es die Bezeichnung eines Hofs in Weidach, in dem der Zuchteber (=bêr) gehalten wurde.
Adresse:
Bärenhofstraße 8
70771 Leinfelden-Echterdingen
Station S16: Die Weidacher Kapelle
Die Kapelle befand sich an der Ecke Siebenmühlenstraße/Solweg. Bereits für das Jahr 1304 ist diese als Wallfahrts-Kapelle urkundlich bezeugt. Ihr Altar war der Hl. Maria, dem Hl. Nikolaus und der Hl. Katharina geweiht. Bis zum 1. Weltkrieg hing oben im schlanken Türmchen eine kleine Glocke, die sich dort seit Menschengedenken befunden haben soll. Jeden Abend wurde mit ihr zum Gebet geläutet, und mit ihrem Klang erwies sie den Toten die letzte Ehre. Die Glocke soll einen besonders schönen Klang gehabt haben. Es wird überliefert, dass sie beim Herannahen von Gewittern geläutet wurde, um die Gefahr von Weidachs Fluren abzuwenden. Die Gewitter sollen dann auch meist in östlicher Richtung weitergezogen sein, weshalb die Neuhäuser, die oft von Gewittern heimgesucht wurden, der Glocke die Schuld gaben. Nach langen Verhandlungen und mit viel Geld sind die Neuhäuser dann in den Besitz der Weidacher »Wunder-Glocke« gekommen. Als dann wieder ein Gewitter aufgezogen sei, hätten sie die Glocke so stark geläutet, dass sie zersprungen sei.
Die Kapelle blieb lange ein beliebtes Motiv für Wanderer, Maler und Photographen. Sie wurde erst 1938 wegen Baufälligkeit abgerissen.
Adresse:
Ecke Siebenmühlenstraße/Solweg
70771 Leinfelden-Echterdingen