Stuttgart 21 am Landesflughafen
Am Flughafen soll ein neuer Bahnknoten entstehen, der Fern-, Regional- und S-Bahnzüge bündelt und auch den Standort Leinfelden-Echterdingen weiter aufwerten wird.
Als überörtliches Projekt liegt diese Planung außerhalb der Planungshoheit der Stadt und wird über ein Planfeststellungsverfahren nach Eisenbahnrecht realisiert. In dem seit mehreren Jahren laufenden und im Bereich der Stadt immer noch nicht abgeschlossenen Verfahren wird dieser Planfeststellungsabschnitt (PFA) unter der Nummer 1.3 geführt.
Weil die Anbindung der bisher über Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart-Nord geführten Gäubahn nach den bisherigen Planungen nun über die S-Bahn-Strecke durch die Stadt an den Flughafenknoten erfolgen soll, hat die Stadt Leinfelden-Echterdingen Einwendungen im Planfeststellungsverfahren erhoben und mithilfe mehrerer Gutachten und Stellungnahmen die Auswirkungen auf den Betrieb der S-Bahn und die Lärmbelastung des Stadtgebiets untersucht.
Probleme und Lösungsansätze
Die im Auftrag der Stadt Leinfelden-Echterdingen durchgeführte Betriebssimulation der ursprünglichen Antragslösung konnte nachweisen, dass mit einer deutlichen Verschlechterung der Betriebsqualität für die S-Bahn-Linien sowie teilweise hohen Verspätungen für Fern- und Regionalzüge zu rechnen wäre. Dies führte zu Planänderungen und einer Teilung des Planfeststellungsabschnitts in die Unterabschnitte 1.3a (ICE-Trasse mit Flughafenanschluss) und 1.3b (Gäubahnführung von der Rohrer Kurve über die S-Bahntrasse zum Flughafen).
Die Rohrer Kurve wird nun kreuzungsfrei ausgebaut, am Flughafen wechseln die Gäubahnzüge von der S-Bahn-Trasse in die Station Drittes Gleis, die von und nach Stuttgart an die neue ICE-Trasse angebunden ist. Der Abschnitt 1.3b gilt nun als Neubaustrecke und muss mit Blick auf Schall- und Erschütterungsbelastung die strengeren Neubaugrenzwerte einhalten. Der bisher nur rechnerisch zu einer Verminderung des Schienenlärms führende „Schienenbonus“ darf nicht mehr angewendet werden.
Weil der Vorhabenträger nun selbst für einen neubaugerechten Schall- und Erschütterungsschutz sorgen muss, ist die Stadt in der Lage, die bisher für diesen Zweck vorgesehenen Finanzmittel zur gestalterischen Verbesserung und städtebaulichen bzw. landschaftlichen Einbindung der Schallschutzmaßnahmen einzusetzen. Sie hat hierfür ein umfangreiches Maßnahmenpaket entwickelt und im Gemeinderat vorgestellt – siehe Vorschlag der Stadt zur Verbesserung der Schallschutzmaßnahmen:
Weil es auf den Finanzmitteln der Bahn für die Pflichtmaßnahmen aufbaut, kommt es nur dann zur Anwendung, wenn die Gäubahnführung auf der S-Bahn-Trasse in der von der Bahn beantragten Form realisiert wird und sich die Lärmbelastung aus diesem Grund erhöht.
Aktueller Projektstand
Die Planfeststellung des Teilabschnitts 1.3a ist inzwischen abgeschlossen, der Tunnel ist bereits im Bau.
Im Planfeststellungsverfahren zum noch nicht abgeschlossenen Abschnitt 1.3b erhält die Stadt LE ihre Bedenken gegen die Mitbenutzung der S-Bahn-Trasse durch den Fernverkehr aufrecht, weil auch ein weiteres Gutachten des Landes auf Basis der überarbeiteten Planung Probleme für den heutigen S-Bahn-Verkehr und seine zukünftige Weiterentwicklung offen legt – siehe Stellungnahme der Stadt zum Betriebskonzept:
Ebenso werden Einwände gegen ein Zwischenlager für Erdaushub von der Rohrer Kurve und den damit verbundenen Baustellenverkehr vorgebracht – siehe Stellungnahme der Stadt zum Bauablauf, Erdlager, Landwirtschaft:
Auch Lärm- und Erschütterungsfragen sind noch offen. In der vom Regierungspräsidium Stuttgart geleiteten Erörterungsverhandlung zum Planfeststellungsabschnitt 1.3b im April 2021 hat die Stadt diese Einwendungen ausführlich vorgestellt und begründet:
Ausblick
Der Planfeststellungsbeschluss und damit die Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamts über den Planfeststellungsantrag der Bahn für den Abschnitt zwischen Rohrer Kurve und Flughafen steht immer noch aus, möglicherweise auch deshalb, weil es neue Planungsüberlegungen gibt.
Vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wurde eine Tunnellösung zwischen Böblingen und Flughafen in die Debatte eingebracht, die die von der Bahn beantragte Gäubahnführung zwischen Rohrer Kurve und Flughafen ersetzen würde.
Die erheblichen Mehrkosten für diesen Tunnel müssten außerhalb des Projekts Stuttgart 21 finanziert werden. Eine Entscheidung des Bundes über die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan und die priorisierte Finanzierung soll auf Grundlage der Ergebnisse einer vertieften Vorplanung erfolgen. Diese Planung wurde mittlerweile als „Pfaffensteigtunnel“ in die Ausbauplanung der Gäubahn aufgenommen, über die die Bahn im Rahmen einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung informiert.