Ein Naturschutzgebiet mitten im Ballungsraum
Das seit Oktober 2007 rechtskräftige Naturschutzgebiet „Musberger Eichberg“ zeichnet sich aus durch einen kleinräumigen Wechsel von Magerrasen, extensiv genutzten Streuobstwiesen, Hecken, Rainen, Säumen, Feldgehölzen und Eichenhainen. Es ist im Bereich der Stadt Leinfelden-Echterdingen ein in dieser Form einzigartiger, ökologisch hochwertiger und artenreicher Biotopkomplex – mit einer Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume und überraschend reichhaltigen Tier- und Pflanzenwelt.
Bei Untersuchungen haben die Experten 136 verschiedene wildlebende Pflanzenarten entdeckt, darunter Besonderheiten wie Karthäuser-Nelke, Mücken-Händelwurz, Weidenblättriger Alant und Fransen-Enzian. Auch 40 unterschiedliche Arten von Tag- und Nachtfaltern sowie Reptilien, wie die stark gefährdete Schlingnatter, haben hier einen Lebensraum gefunden. Auf dem mit 14,4 Hektar relativ kleinen Schutzgebiet wurden 63 Vogelarten beobachtet, darunter Wendehals, Dorngrasmücke und Neuntöter.
Biotopverbund
Das aus mehreren Naturdenkmalen hervorgegangene Naturschutzgebiet wird als Kernfläche für den Biotopverbund eingestuft. Mit seiner überdurchschnittlichen Dichte an schutzwürdigen Biotopen können von hier aus Verbindungen zu außerhalb des Naturschutzgebiets gelegenen Biotopen geschaffen werden, um so den genetischen Austausch von Tier- und Pflanzenarten und deren Ausbreitung oder Wiederbesiedelung zu ermöglichen.
Durch verschiedene Wiederherstellungsmaßnahmen auf Flächen, die durch falsche oder zu intensive Bewirtschaftung ihren ursprünglichen Charakter verloren haben, wird dieser Biotopverbund unterstützt. Das umgebende Landschaftsschutzgebiet Glemswald puffert zudem Störungseinflüsse durch benachbarte Flächen ab.
Die Geschichte des Musberger Eichbergs
Die ursprüngliche Vegetation des Eichbergs dürfte ein lichter Eichenwald gewesen sein, worauf auch der seit 1451 überlieferte Name „Eichberg“ zurückzuführen ist. Teile davon wurden wahrscheinlich schon sehr früh in der Jungsteinzeit für den Ackerbau gerodet. Von dieser Nutzung zeugt die Flurbezeichnung „Alte Äcker“ auf der Kuppe des Eichbergs.
An der Nordwestflanke des Eichbergs befand sich im Mittelalter eine Kleinburg, daher die Bezeichnung „Schlossberg“ für diesen Bereich. Hier und auf den daran anschließenden Hangwiesen (Stücklesberg) waren Streuobstbestände vorhanden.
Von 1590 bis 1793 wurde der Schäferhof in Musberg als württembergisches Erblehen mit bis zu 700 Schafen geführt. Die Weiderechte gingen damals bis nach Bernhausen und Steinenbronn. Um 1820 wurde das Weiderecht abgelöst und teilweise gegen Holzrechte getauscht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die gemeindeeigenen Flächen am Eichberg den Flüchtlingen zur Gartennutzung angeboten und später an Kleingärtner verpachtet. Auf Beschluss des Gemeinderats der Stadt Leinfelden-Echterdingen wurden ab Mitte der 1970er-Jahre diese Pachtverhältnisse nicht mehr verlängert – mit dem Ziel, die Gärten nach und nach wieder in extensive Wiesen- und Streuobstwiesenflächen zurückzuführen und die vorhandenen Trocken- und Halbtrockenrasenflächen zu sichern. Außerhalb des Naturschutzgebiets ist ein Teil der privaten Kleingärten heute noch vorhanden und in einem Bebauungsplan abgesichert.
Vom Naturdenkmal zum Naturschutzgebiet
Bereits 1983 wurden im Bereich des heutigen Naturschutzgebiets zwei Solitäreichen, von denen eine inzwischen über 200 Jahre alt ist, als Naturdenkmale geschützt. 1993 kamen ein Bereich mit Eichen und Hecken auf der Hochebene sowie der von einem Halbtrockenrasen geprägte Südwesthang als flächenhafte Naturdenkmale hinzu. Diese Naturdenkmale wurden in das neue Naturschutzgebiet „Musberger Eichberg“ im Jahr 2007 integriert.
Pflege der artenreichen Biotope
Von der Stadt Leinfelden-Echterdingen wurden die städtischen Flächen mit Unterstützung der privaten Naturschutzverbände (NABU und Schwäbischer Albverein) unterhalten und gepflegt, mit dem Ziel, die Trocken- und Halbtrockenrasenflächen zu erhalten und zu erweitern. Mit Inkrafttreten des Naturschutzgebietes wurde die Pflege von der Stadt ganz übernommen, damit sich die Naturschutzverbände anderer wichtiger Gebiete annehmen können.
Im Laufe der Zeit waren größere Rodungs- und Rückschnittarbeiten notwendig, um das Zuwuchern dieser ökologisch hochwertigen und artenreichen Biotope zu verhindern. Die empfindlichen Trockenrasenflächen wurden früher in mühevoller Handarbeit mit der Sense gemäht, bis Schafe und aktuell eine kleine Ziegenherde die Pflege übernahmen.
Im Jahr 2008 konnten weitere Bereiche von allzu starkem Wildwuchs befreit und einige, die Landschaft prägende Eichen freigestellt werden. Diese Pflegemaßnahmen sind notwendig, um die Artenvielfalt des Halbtrockenrasens und das Landschaftsbild auch weiterhin zu erhalten.
Nähere Informationen zum Naturschutzgebiet Musberger Eichberg sowie zu den Naturdenkmalen in Leinfelden-Echterdingen finden Sie im Schutzgebietsverzeichnis auf den Internetseiten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg.
Ein Flyer zum 10-Jährigen
Zum 10-jährigen Bestehen des Naturschutzgebietes „Musberger Eichberg“ hat die Stadt einen Flyer produzieren lassen. Neben historischen Fakten thematisiert die Publikation Interessantes und Wissenswertes zu Pflanzen und Tieren, die man hier finden und beobachten kann. Die Faltblätter liegen in den Bürgerämtern Leinfelden und Echterdingen zur kostenlosen Mitnahme aus. Als PDF können Sie das Faltblatt hier herunterladen: