TV-Moderatorin Dunja Hayali füllt die Filderhalle bis auf den letzten Platz
Medien, Meinung und Manipulation: So lautete der Titel einer Veranstaltung, mit der die VHS LE und die Landeszentrale für politische Bildung als Organisatoren in der vergangenen Woche die Filderhalle bis zum letzten Platz füllen konnten.
Doch es ging eigentlich um mehr, um viel mehr an diesem Abend. Nämlich um die Frage: Wie gehen wir miteinander um? Nicht nur in den Medien, sondern ganz direkt im Alltag.
Beispielhaft dafür die Tatsache, dass für Dunja Hayali an diesem Abend Personenschutz notwendig war. „Befremdlich und ungewohnt“, wie die bekannte TV-Journalistin sagte. Doch wohl notwendig, hatte sie neben verbalen Angriffen doch jüngst sogar Morddrohungen erhalten und wegen Hasstiraden ihre Social-Media-Aktivitäten vorübergehend ruhen lassen. „Aus Gedanken werden Worte und aus Worten Taten, daran sollte sich jeder erinnern.“
Bekenntnis zum Grundgesetz
Hayali – sicherlich der Hauptgrund, warum rund 850 Menschen an diesem Abend gekommen waren – warb im Anschluss an die Grußworte von Landtagspräsidentin Muhterem Aras energisch dafür, dass der Artikel 1 des Grundgesetzes wieder mehr Beachtung findet. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es dort – „unabhängig von Geschlecht, Nationalität oder Religion“, so die Journalistin, die die Betonung auf das Wort „Mensch“ legte.
Hayali wurde sehr persönlich, indem sie einen Brief an ihren Vater vorlas. „Vergiss nie, wo du herkommst“, habe der aus dem Irak stammende, dann aber nach Wien geflüchtete und später in Datteln in Nordrhein-Westfalen beheimatete Christ ihr gesagt. „Wer Rassismus nie erlebt hat, weiß nicht, wie sich das anfühlt“, betonte die Deutsche, „aber Diskriminierung, das Gefühl, nicht dazuzugehören, das hat jeder schon erlebt“.

Dem privaten Aspekt ihres Vortrags ließ sie ihre Arbeitsauffassung als Journalistin folgen. „Glauben Sie nicht unbedingt den Schlagzeilen“, riet sie dem interessierten Publikum, „Zuspitzung sei auch in den öffentlich-rechtlichen Medien ein probates Mittel. Sie warb zudem dafür, ein Sowohl-als-auch zuzulassen. „Man muss sich nicht immer entscheiden, es gibt kein Schwarz oder Weiß“, sagte Hayali und hob die Bedeutung von Perspektivwechseln hervor. Und gab dem Publikum noch als Mahnung mit: „Wenn der Dialog endet, dann können wir alle einpacken“, betonte die TV-Journalistin.
Podiumsdiskussion: Debattenkultur im Wandel
Passend dazu begann anschließend der zweite Teil des Abends – Dialog in Form einer Podiumsdiskussion. Passender Gesprächspartner auf der Bühne dabei Otto Ruppaner, der Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen.
„Die Architektur der Debattenkultur hat sich durch die Sozialen Medien gewandelt“, so die Einschätzung von Ruppaner. Die Algorithmen würden seiner Ansicht nach fundierte Debatten nicht fördern. „Früher gab es auch eine gewissen Langsamkeit, heute wird direkt gesendet und geteilt“, sagte das Stadtoberhaupt und kritisierte eine „moralische Überhöhung“ sowie fehlende Zwischentöne bei Debatten. „All das macht den Diskurs nicht einfacher“, so seine Feststellung.

Einen weiteren Grund dafür lieferte Tobias Diemer. „Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, das führt zur Polarisierung“, ist der Direktor des Volkshochschulverbands Baden-Württemberg überzeugt. „Und manchmal ist die Empörungsspirale in diesem Land wichtiger als eine sachliche Diskussion“, fügte Hayali hinzu.
Lokales als Ort für den Diskurs
Die Entfernung zwischen den Regierenden und den Regierten ist nach Einschätzung Ruppaners zu groß. „Nähe ist etwas unglaublich Wichtiges und der Grund, warum ich in der Kommunalpolitik bin“, bekannte er. Das Lebensumfeld werde in den Kommunen gestaltet und nicht in Berlin oder Stuttgart. „Wenn wir die Grundsteuer erhöhen, bekomme ich das Feedback gleich beim Einkaufen. Und wenn Bäder geschlossen oder Schulen nicht saniert werden, dann schadet das der Demokratie“.

Genau das ist auch die Meinung von Sibylle Thelen, die neben Ruppaner auf dem Podium saß. „In der Begegnung vor Ort liegt der Schlüssel. Diskussionen würden nicht so schnell eskalieren wie in den sozialen Medien“, sagte die Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung.
Eine Einschätzung, die auch Diemer teilt. „Kommunen sind der Ort, wo die Dinge konkret werden. Wir müssen die demokratische Infrastruktur viel mehr entdecken“, betonte er und äußerte zugleich sein Bedauern, dass sich die Lokalpresse immer weiter zurückziehe – womit der Abend am Schluss wieder zu seinem Anfangsthema zurückkam: Medien, Meinung und Manipulation.



