Israelischer Holocaust-Gedenktag „Yom Hashoah“ auf dem US-Airfield Aufruf zu Toleranz, Respekt und Menschlichkeit
Von November 1944 bis Januar 1945 befand sich auf dem Stuttgarter Flughafen eines der rund 37 Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler. Hier litten 600 jüdische Häftlinge aus 17 europäischen Ländern.
Wegen der harten körperlichen Arbeit bei völlig mangelhafter Ernährung und Kälte brach eine Fleckfieber-Epidemie aus, sodass binnen zwei Monaten mindestens 119 Menschen zu Tode kamen. Deshalb wurde das Lager Mitte Januar 1945 aufgelöst. Nur von insgesamt 64 dieser 600 Häftlinge ist bekannt, dass sie den Holocaust überlebten.
Am vergangenen Donnerstag wurde am israelischen Gedenktag Yom Hashoah auf Einladung der beiden Kommunen Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt an der Gedenkstätte am Stuttgarter Flughafen den Opfern des Holocaust gedacht.
Der Himmel weinte im übertragenen Sinne mit, als Rabbiner Pushkin bei strömendem Regen auf dem Gräberfeld – wo die sterblichen Überreste von 34 Toten bestattet wurden – der im Dritten Reich ermordeten sechs Millionen Juden gedachte. Anschließend legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung Steine auf die Gräber. Eine alte jüdische Tradition, um die Grabstätten erkennbar zu halten und damit die Erinnerung an den Verstorbenen und dessen Seele, wie Pushkin erklärte.
Ganz zentral: Toleranz, Respekt und Menschlichkeit
„Die Opfer des Holocausts sind nicht nur Teil der Geschichte, sondern sie sind auch ein Teil unserer kollektiven Verantwortung. Ihre Erlebnisse und Leiden erinnern uns an das, was geschehen kann, wenn wir zulassen, dass Intoleranz und Hass wachsen“, so der Erste Bürgermeister von Leinfelden-Echterdingen.

Dieser Tag sei aber auch ein Aufruf zum Handeln, sagte Dihm im Namen der beiden Städte LE und Filderstadt, die gemeinsam hinter der Gedenkstätte „Wege der Erinnerung“ und der Gedenkstiftung „Gemeinsame Erinnerung – gemeinsame Verantwortung für die Zukunft“ stehen.
„Es ist ein Aufruf, die Werte von Toleranz, Respekt und Menschlichkeit zu verteidigen – jeden Tag, in jeder Situation“, mahnte der Erste Bürgermeister im Beisein des Filderstädter Oberbürgermeisters Christoph Traub sowie weiterer Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus beiden Kommunen.
„Eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte“
Auch Don Williamson gedachte der Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft. „Nur einen Steinwurf vom Stuttgarter Flughafen kommen jährlich Hundertausende vorbei, aber nur wenige verstehen die Bedeutung dieses Ortes“, sagte Kaplan der US-Streitkräfte und sprach von „einem der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte“.
Der Holocaust sei eine schmerzliche Erinnerung an die Abgründe, in die die Menschheit fallen kann“, fuhr Williamson fort. „Er ist aber gleichzeitig ein klarer Aufruf, die Rechte zu wahren, die unsere kollektive Menschlichkeit ausmachen, allem voran die Religionsfreiheit.“ Der Geistliche rief dazu auf, sich gemeinsam gegen Intoleranz zu stellen und Gemeinschaft aufbauen, die in Frieden, Mitgefühl und Akzeptanz verwurzelt ist.
Und Prof. Barbara Traub hob in ihrer Ansprache das gemeinsame Gedenken hervor. „Jüdische Religion und Tradition sind zu einem Teil der Gemeinschaft geworden“, so die Vorsitzende der israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg.
Bewegende Worte fanden am Ende der Gedenkfeier Schülerinnen und Schüler der Immanuel-Kant-Realschule in Leinfelden. Sie erinnerten an die Gräuel der Nazis und die wichtigen Lehren, die daraus gezogen werden sollten.