Auf dem Weg zur Delikatesse

Erfahren Sie im Folgenden mehr über den Krautanbau, hier bei uns auf den Fildern. Denn bevor die Krautköpfe als leckere Delikatessen beim Filderkrautfest in Leinfelden-Echterdingen im Mittelpunkt stehen und allseits für Gaumenfreuden sorgen, gibt es für die Filderlandwirte bei Anbau, Pflege und Ernte Vieles zu beachten …

Fotos: Bergmann

Aussaat

Während früher die Anzucht in Krautgärten an sonnigen Plätzen am Haus erfolgte, geschieht dies seit den 1970er- und 1980er-Jahren im sogenannten „Anzuchtfeld“ (häufig im Brachfeld). Etwa zwei Äcker werden jedes Jahr für die Setzlings-Anzucht reserviert. Außerdem werden die Pflänzchen auf dem freien Feld robuster als im hausnahen Garten.

In jüngster Zeit wurden wiederum Neuerungen eingeführt: Die Setzlinge werden nicht mehr selbst gezogen, sondern von Großgärtnereien, die sich auf Jungpflanzen spezialisiert haben, bezogen. Solche Betriebe haben sich auf die Anzucht von Salat- und Krautpflanzen in großen Gewächshäusern spezialisiert.

Die Filderbauern beziehen ihre Setzlinge vor allem aus Aalen oder Heilbronn: Diese Jungpflanzenbetriebe säen in vorbereitete Erdpresstöpfe (würfelförmige, gepresste Erde mit einer Seitenlänge von 4 x 4 cm) den Krautsamen ein. Die Krautsetzlinge in den Erdpresstöpfen befinden sich bereits in den Transportkisten und wachsen in Gewächshäusern.

Ein noch rationelleres Verfahren ist der „Seedling“. Diese haben eine noch kleinere Seitenlänge. Die Erde wird in eine Kunststoffplatte mit ca. 400 kleinen Kammern von 1,5 x 2 cm gepresst. Die bewurzelten Jungpflanzen lassen sich anschließend leicht mit den Ballen aus der Platte entnehmen. Nach etwa zwei Monaten werden je nach Bedarf einmal die Woche zwischen 50.000 und 100.000 Setzlinge an die einzelnen Filderlandwirte geliefert.

Auspflanzen

Frühkraut

Das Frühkraut wird bereits im März gepflanzt. Die Setzlinge wurden auch früher nicht selbst gezogen, sondern von Gärtnereien gekauft. Die Pflanzen werden wegen der Frostgefahr mit Folie abgedeckt und können ab Mai/Juni geerntet werden.

Vom frühen Handelskraut darf allerdings nur so viel angebaut werden, wie innerhalb kurzer Zeit verkauft werden kann, da es nicht lagerfähig ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich im Sommer ohnehin weniger Kraut verkaufen lässt.

Herbstkraut

Die Setzzeit des Herbstkrauts ist im Mai. Bereits in den 1950er-Jahren wurden Kraut-Setzmaschinen verwendet. Anfangs waren dies noch hölzerne Maschinen, die bald durch eiserne Maschinen ersetzt wurden. Aber auch die Arbeit mit der Setzmaschine war immer noch außerordentlich mühsam.

Zu den neuesten, auf den Fildern eingesetzten Kraut-Setzmaschinen gehört die „Lännen“-Pflanzmaschine, zu deren Bedienung sieben Personen notwendig sind. Diese Maschine kann nur „Erdpresstöpfe“ und „Seedling“ verarbeiten. Die Setzer und Setzerinnen müssen lediglich die Setzlinge in Röhren stecken, das Setzen erfolgt automatisch, es entfällt das lästige Bücken.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass eine ganze Palette mit ca. 54 Kisten Setzlingen in die Setzmaschine mitgenommen werden kann, die laufend auf die Arbeitsplatte gelegt werden. Im Vergleich zu früher bedeutet dies eine Verdoppelung der Stundenleistung. Der Setz-Abstand zwischen den Reihen beträgt 60 cm, zwischen den einzelnen Pflanzen 50 cm.

Pflege

Die Setzlinge müssen unmittelbar nach dem Setzen bewässert werden. Traditionell geschieht bzw. geschah dies mit Wassertanks. Aufgrund der seit 1995 installierten Beregnungsanlage rund um den Flughafen kann ein Teil der Felder beregnet werden.

Wenn die Pflanzen angewachsen sind, müssen sie von Gras und Unkraut befreit werden: Um das Gütesiegel „integrierter Anbau“ zu erhalten, darf gegen Gras jedoch nicht gespritzt werden. Stattdessen wird mit der Maschine gehackt, wobei das Gras mit Erde zugedeckt wird und dadurch erstickt. Eventuell verbleibende Reste müssen dann mit der Hacke entfernt werden.

Insgesamt müssen die Kraut-Setzlinge zweimal gehackt werden. Im Falle von Trockenheit ist es durch die Beregnungsanlage auf den Fildern inzwischen möglich, die Gemüsefelder regelmäßig zu bewässern.

Schädlinge sind vor allem die Drehherzmücke, deren Stich in das Herz der Krautpflanze ein weiteres Wachstum verhindert, die Kohleule (Raupenart), die die Krautblätter befallen sowie die Kohlhernie (Pilz), die im Boden die Wurzeln befällt. Es hat sich herausgestellt, dass die Gefahren von Schädlingen dort besonders groß sind, wo das Krautfeld an andere Produkte (z. B. Getreidefeld) stößt. Als Faustregel gilt, dass die ersten zwei bis drei Reihen aufgrund von Schädlingsbefall kaum Erträge bringen. Die Landwirte bemühen sich deshalb, ein geschlossenes Krautfeld zu erhalten, um somit den Schädlingsbefall zu reduzieren.

Krauternte

Von Ende August/Anfang September bis Mitte November wird das Industriekraut geerntet. Das späte, zur Einlagerung bestimmte Dauerkraut wird im Oktober/November geerntet, bevor es durch Nachtfröste gefährdet wird. Geerntet wird auf den Fildern auch heute noch ausschließlich von Hand. In anderen Krautanbaugebieten wie z. B. Holstein werden bereits zahlreiche Erntemaschinen eingesetzt. Der Nachteil dieser Maschinen ist, dass die Krautköpfe beschädigt werden. Wird Fabrikkraut geerntet, sind solche Beschädigungen nicht weiter schlimm.

Wird hingegen Kraut geerntet, das längere Zeit eingelagert werden soll, so dürfen die Krautköpfe auf keinen Fall beschädigt sein, da sich sonst Fäulnisstellen bilden. Es hat zwar immer wieder Versuche mit Erntemaschinen gegeben, eine befriedigende Lösung konnte bisher aber noch nicht gefunden werden.

Bei der Krauternte werden die Krautköpfe von Hand mit dem Krautmesser geschnitten und in Reihen gelegt. Anschließend fährt der Schlepper mit Anhänger durch. Hier wird das Kraut in Kisten auf Paletten gelegt, so dass die einzelnen Krautköpfe nur einmal angefasst werden müssen.

Einlagerung

Eingelagert wird vor allem Frischkraut, um bis zum Juni des folgenden Jahres den Markt beliefern zu können, aber auch Industriekraut, um die Fabriken bis in den Dezember/Januar zu versorgen. Für die Einlagerung befindet sich in Bernhausen die Krauthalle in den Bruckenäckern, die eine Kapazität von ca. 30.000 Zentner umfasst.

Das Kraut wird dort in Großraum-Paletten zu je 500 kg direkt vom Feld eingelagert, die in vier bis fünf Lagen übereinander gestapelt werden. In Naturlagern lässt sich das Kraut bis Februar/März einlagern. Um das Kraut länger einzulagern, wurden inzwischen Kühlräume in der Krauthalle mit einer Temperatur von 0,5° bis 1,5° C eingebaut, wo sich das Kraut bis Juni hält. Außerdem haben eine Reihe von Landwirten eigene Kühlhäuser direkt am Hof. Sie werden von Oktober bis Frühjahr für die Einlagerung von Kraut genutzt, im Sommer und Frühherbst für die kurzfristige Aufbewahrung von Salat, der dort allerdings meist nur einen halben Tag lagert.

Der Artikel beruht weitgehend auf den Angaben von Helmut Schumacher, Bernhausen, dem an dieser Stelle sehr herzlich gedankt sei. Text: Nikolaus Back, Stadtarchivar Filderstadt