OB Klenk über die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Neue Ideen für die Unternehmen von morgen
Leinfelden-Echterdingen ist ein starker Wirtschaftsstandort mit einer großen Vielfalt an Unternehmen. Die Spanne reicht vom Dax-Konzern über renommierte mittelständische Unternehmen bis hin zum kleinen Handwerksbetrieb oder Dienstleister.

Große Bedeutung hatte und wird auch zukünftig die hervorragenden Anbindung an das Schienen- und Straßennetz sowie den Flughafen haben. Doch das reicht in Zukunft nicht mehr. Andere Faktoren kommen hinzu. So sollen sich die Menschen, die in LE arbeiten, hier auch wohlfühlen. Und natürlich spielen auch andere Faktoren wie Kommunikation und nachhaltige Versorgung mit Energie eine wichtige Rolle.
Welchen Weg sollte die Stadt einschlagen, um ihre herausragende Position zu halten, sie vielleicht sogar auszubauen? Antworten darauf gibt Oberbürgermeister Roland Klenk im Interview.
Herr Oberbürgermeister Klenk, warum ist das Gewerbe für die Stadt wichtig?
Bis zu 80 Prozent unserer Einnahmen stammen aus der Gewerbesteuer, der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer. Drei direkt vom Zustand der Konjunktur abhängige Ertragsarten. Um den finanziellen Handlungsspielraum und damit die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt zu erhalten, sollte bei der künftigen Haushaltspolitik auf eine nachhaltige Stärkung des Ergebnishaushalts geachtet werden. So sieht es auch das Regierungspräsidium, das kürzlich unseren Haushalt genehmigt hat.
Was heißt das?
Im Ergebnishaushalt werden die laufenden Einnahmen gegen die laufenden Ausgaben aufgerechnet. Mit den dort erzielten Überschüssen müssen wir alle unsere Investitionen finanzieren. Also Schulen, Kindergärten, Sportanlagen, Straßen, Schienenwege und vieles mehr. Das ist nicht anders als bei Ihnen zuhause. Was mehr eingenommen als ausgegeben wird, kann für Anschaffungen verwendet werden.
Warum sind jetzt neue Flächen für das Gewerbe notwendig?
Die deutsche Wirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen. Transformation, Lieferketten, Fachkräftemangel und ein erheblicher Bedarf an Gewerbeflächen sind einige Stichworte. Seit Jahrzehnten hat unsere Stadt keine neuen Flächen dafür ausgewiesen, wir haben größte Zurückhaltung geübt. Nun aber ist es unausweichlich, mit den Rötlesäckern ein im interkommunalen Vergleich recht kleines Gewerbegebiet zu entwickeln.
Die Rötlesäcker am Ortsrand von Leinfelden sind bislang noch Ackerfläche. Was ist denn in diesem Gebiet genau geplant?
Freiflächen sind auf den Fildern ein hohes Gut – nicht zuletzt mit Blick auf die hervorragenden Böden. Gleichwohl wollen wir bestehenden und neuen Unternehmen ein Angebot machen, um die Wirtschaftskraft der Stadt zu erhalten, ja sie möglichst auch zu stärken. Die Rötlesäcker mit einer Fläche von knapp sechs Hektar sind auch aufgrund der hervorragenden Anbindung dafür bestens geeignet. Hier könnte ein qualitativ hochwertiges, zukunftsfähiges Gewerbegebiet entstehen, in dem nachhaltige Mobilität, Ressourcenschonung, Klimagerechtigkeit und Klimaresilienz eine hohe Bedeutung haben werden.
Die beim Aufbau des Gebiets gewonnen Erkenntnisse und gemachten Erfahrungen sollen dann in anderen Gewerbegebieten berücksichtigt werden. Die Rötlesäcker würden quasi zu einem zukunfstträchtigen Leuchtturmprojekt, in dem beispielsweise Unternehmen aus dem Bereich „Green Tech“ eine Heimat finden könnten.
Welche bestehenden Gebiete könnten optimiert werden, um den Flächenverbrauch zu reduzieren?
Dafür ist das Gewerbegebiet Echterdingen-Nord ein gutes Beispiel. Das Areal ist schon geraume Zeit im Fokus der Verwaltung. Das 30 Hektar große Gebiet hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Unternehmen sind gekommen und gegangen, Nutzungen und Ansprüche haben sich gewandelt. Nicht ohne Grund haben wir ein Institut damit beauftragt, Verbesserungen aufzuzeigen.
Das Ergebnis: Die Fläche lässt sich intensiver nutzen, wodurch die Außenbereiche der Stadt geschont werden. Und für die rund 10.000 Menschen, die hier arbeiten, soll die Umgebung attraktiver gestaltet werden. Auf Grünflächen mit Sitzgelegenheiten hält man sich nicht nur gerne auf, sie sind auch gut für das Stadtklima, was angesichts des Klimawandels zukünftig immer wichtiger werden wird. In Zeiten des Personalmangels ist ein angenehmes Ambiente zudem ein Faktor, den man nicht unterschätzen sollte. Gleichzeitig erleichtert die Umgestaltung des Gewerbegebiets – die natürlich zusammen mit den ortsansässigen Unternehmen erfolgen soll – die Transformation, die Flächen benötigt. Auch was die Erschließung des ideal an der Autobahn und dem Schienennetz gelegenen Gebiets angeht, sehen die Experten Potenzial – sowohl für Autofahrer als auch Radler und Fußgänger.
Sie haben das Wort Transformation erwähnt, also den in die Zukunft gerichteten Umbau der Wirtschaft. Welche Rolle nimmt dabei das geplante Gründerzentrum ein?
Insbesondere durch die Veränderungen in der Automobilindustrie sowie die Dekarbonisierung der Wirtschaft steht Leinfelden-Echterdingen – wie insgesamt der ganzen Region Stuttgart – in den kommenden zehn bis 15 Jahren ein gewaltiger Strukturwandel bevor. Nicht alle Unternehmen werden diesen Sprung schaffen. Daher wollen wir junge Unternehmen dabei unterstützen, sich ein neues Geschäftsfeld aufzubauen. Das wird – so der Plan für die kommenden Jahre – mit einem Gründerzentrum geschehen.
Ein Campus, auf dem die Gründerinnen und Gründer und Start-ups sich vernetzen und nach ihren individuellen Bedürfnissen entwickeln können, ein Platz mit Flächen für Büronutzung, Co-Working, Werkstätten, Laboren, Logistik sowie gemeinsamer Infrastruktur. Wichtig bei diesem Vorhaben ist die Nähe zu den Hochschulen und Instituten, deren Forschungsergebnisse dann in die Tat umgesetzt werden können. Mit den Rötlesäckern können wir erfolgreichen Firmengründungen Flächen anbieten – und damit einen Beitrag leisten, um die wirtschaftliche Zukunft der Stadt zu sichern.